Strandkorbgespräch am 08.09.2025 in Kellenhusen

Ostholstein ist landesweit ein Hotspot des Tourismus. Das belegen touristische Kennzahlen, die Julia Carstens, Staatssekretärin im Kieler Wirtschaftsministerium, am Montag beim traditionellen Strandkorbgespräch in Kellenhusen vorlegte. Auch Katja Lauritzen, Geschäftsführerin des Ostsee-Holstein-Tourismus, unterstrich dies mit ihrer Aussage: „In einem stagnierenden Markt haben wir positive Zahlen.“

Zur Gesprächsrunde direkt am Ostseestrand eingeladen hatte der ostholsteinische Bundestagsabgeordnete Sebastian Schmidt (CDU), der nicht nur an die bewährte Tradition seines Vorgängers Ingo Gädechens anknüpfte, sondern sogleich den Termin für 2026 festlegte: erster Montag im September.

Zahlen, Chancen und Herausforderungen

Julia Carstens legte den Fokus zunächst auf die Vergangenheit, berichtete von landesweit 15,8 Millionen Übernachtungen im ersten Halbjahr – 90 000 mehr als 2024. Die Zahlen verdeutlichten den Stellenwert, den der Tourismus als Wirtschaftsfaktor habe. Regional gebe es allerdings Unterschiede, so Carstens. Sie sprach fürs erste Halbjahr von minimalen Zuwächsen für die Nordseeküste, +5,7 Prozent für die Holsteinische Schweiz, –4 Prozent fürs Binnenland und +2,7 Prozent für die ostholsteinische Ostseeküste, wobei der Anstieg in Ostholstein stärker gewesen sei als für die gesamte Ostseeküste.
Einem Rückgang von 2,5 Prozent bei ausländischen Touristen stehe jedoch der Zuwachs von fünf Prozent bei dänischen Besuchern gegenüber. Bei der Gästezufriedenheit liege Schleswig-Holstein im Bundesvergleich aber nur auf Platz sechs. Verbesserungsbedarf werde vor allem beim Preis-Leistungs-Verhältnis gesehen. „Wir müssen gute Angebote schaffen“, sagte Carstens, die mit Blick auf Sebastian Schmidt an den Bund appellierte, die GRW-Förderung nicht weiter zu kürzen. Sollte es auch weitere Einschnitte bei der EU-Förderung geben, „dann haben wir ein Problem“, unterstrich die Staatssekretärin.
Von aktuell positiven Zahlen vom Arbeitsmarkt berichtete Karsten Marzian, Geschäftsführer des Jobcenters Ostholstein. Gleichwohl blickt er in Anbetracht der Folgen des demografischen Wandels mit etwas Sorge in die mittel- bis langfristige Zukunft. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt charakterisiert er als gut – nur 5000 Arbeitslose in Ostholstein und eine gute Arbeitskräftenachfrage. Zudem sei es gelungen, jedes Jahr gut 1000 Arbeitslose in die Gastronomie vermitteln zu können.
Aber: „In den nächsten zehn Jahren gehen 20 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in den Ruhestand, und nur 15 000 junge Menschen rücken nach.“ Das sei rein rechnerisch eine Lücke von 5000 Beschäftigten, doch man könne durchaus von einem Minus von bis zu 10 000 Arbeitskräften ausgehen, prognostiziert Marzian. Seine Botschaft an die Touristiker: „Die Herausforderungen in den kommenden Jahren werden riesig sein.“

Für Sebastian Rohde aus Heiligenhafen, der für den Einzelhandel sprach, stellen sich diese Herausforderungen schon jetzt als recht groß dar. Er warb unter anderem für einen Abbau bürokratischer Hürden, um geeignetes Personal aus dem Ausland einstellen zu können. Er plädierte zudem für die Anhebung der Zuverdienstgrenze für Minijobs und kritisierte die Mindestlohnpolitik. Kurzfristige Lohnerhöhungen führten nicht zum Erfolg, entscheidend sei doch, dass man 100 Euro mehr netto habe.
Ein Dauerthema, das die Kommunen an der Küste umtreibt, ist die Schaffung von Mietwohnraum, damit Beschäftigte sich vor Ort eine Existenz aufbauen können. Der Grömitzer Bürgermeister Sebastian Rieke plädierte dafür, „die Zweitwohnungen in die Baunutzungsverordnung reinzunehmen“, um differenziert ausschließen zu können, „was wir haben beziehungsweise nicht haben wollen“. Tourismuschef Manfred Wohnrade erinnerte daran, dass Grömitz bei rund 7500 Einwohnern 4000 Zweitwohnungen habe. Sebastian Schmidt versprach, sich dafür einzusetzen, dass die Wohnungspolitik auch in Berlin „mehr Aufmerksamkeit bekommt“.
Was viele Touristiker von Lübeck bis Fehmarn beschäftigt, sind die absehbaren Auswirkungen der Bauarbeiten im Zuge der Hinterlandanbindung. Im Blickpunkt: die Baustellenkoordination. „Man müsse es so hinbekommen, dass die Gäste und die Touristikorte kaum etwas davon merkten“, forderte Hans-Park-Chef Christoph Andreas Leicht. In der Verzögerung der Fertigstellung der Querung sieht er die Chance, die Baustellen effektiv aufeinander abzustimmen.
Stichwort Feste Fehmarnbeltquerung: Joachim Nitz, Tourismuschef in Timmendorfer Strand, richtete an Julia Carstens den eindringlichen Appell, die Bäderbahn zu erhalten. Die Staatssekretärin konnte nur antworten: „Sie kennen ja die Haltung des Landes.“ Nitz leicht genervt: „Das ist ja das Problem.“ Unter Zustimmung der anderen Touristiker sagte Manfred Wohnrade: „Alles, was es an ÖPNV gibt, muss erhalten bleiben.“
Der Neustädter Bürgermeister Mirko Spieckermann empfahl den Touristikern, für Ostholstein einen Zehn-Punkte-Plan für die Weiterentwicklung des Tourismus aufzustellen und diesen dann konsequent mit dem Land abzustimmen. Beispielgebend seien für ihn die Landwirte.
Raymond Kiesbye, Tourismusleiter in Kellenhusen, regte schließlich an, schon jetzt den Fokus auch auf die Zeit nach Fertigstellung der Festen Fehmarnbeltquerung zu legen. „Welche Chancen haben wir, was machen wir, wenn alles fertig ist?“, fragte er. Das müsse angesprochen werden – vielleicht in einer Arbeitsgruppe, die den Zehn-Punkte-Plan erarbeite, empfahl der Gastgeber des Strandkorbgesprächs.

Strandkorbrunde am Strand von Kellenhusen
Sebastian Schmidt und Julia Carstens
Carsten Marzian vom Jobcenter Ostholstein erklärt die Entwicklung der Zahlen in Ostholstein.