Sieg nach acht Jahren: Die Bestpreisklausel ist wettbewerbswidrig

Nach jahrelangem Rechtsstreit bestätigt der Bundesgerichtshof: Enge und weite Paritätsklauseln von Hotelbuchungsportalen stellen Wettbewerbsbehinderungen dar

Erleichterung beim Hotelverband IHA: Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat nun auch die "engen" Bestpreisklauseln des Buchungsportals Booking.com für unvereinbar mit dem Kartellrecht erklärt. IHA sieht eine internationale Bedeutung

Nun ist Schluss mit einer jahrelang umstrittenen Praxis der Buchungsportale. Diese hatten oft verlangt, dass Hotels auf dem jeweiligen Portal den günstigsten Preis anbieten müssen und nicht an anderer Stelle ihre Zimmer billiger verkaufen dürfen. Dabei gab es zwei Formen: Die weite Ratenparität (keine günstigeren Raten auf irgendeinem anderen Buchungskanal) und die enge Ratenparität (keine günstigeren Raten auf der hoteleigenen Website). 

Auf Antrag des Hotelverbands von 2013 hatte das Bundeskartellamt als erste Wettbewerbsbehörde weltweit die von Booking.com seit Sommer 2015 verwendeten engen Paritätsklauseln als kartellrechtswidrig eingestuft. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit hat der Bundesgerichtshof dies nun bestätigt. Das teilte der Hotelverband IHA am Dienstag mit. Die weite Ratenparität it schon seit Jahren nicht mehr zulässig, dazu hat der IHA Booking.com auf Schadensersatz verklagt. Der Rechtstreit läuft noch.
Somit haben die Hotels die Hoheit über ihre eigene Preisgestaltung zurück. Die Entscheidung kann sogar europäische Signalwirkung haben.

„Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist konsequent und von uns auch genauso erwartet worden“OTTO LINDNER, IHA-VORSITZENDER 

„Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist konsequent und von uns auch genauso erwartet worden“, kommentierte der IHA-Vorsitzende Otto Lindner die höchstrichterliche Entscheidung. „Der BGH bringt den Marktteilnehmern in Deutschland nun endlich Rechtssicherheit und ermöglicht faireren Wettbewerb in der Online-Distribution.“

Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben 

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Mitteilung des Hotelverbands auch die „engen“ Bestpreisklauseln des Buchungsportals Booking.com als unvereinbar mit dem Kartellrecht erklärt und das gegenteilige Urteil des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichtes Düsseldorf vom 4. Juni 2019 aufgehoben. Damit wurde die Beschwerde des Hotelbuchungsportals mit Firmensitz in Amsterdam gegen die Abstellungsverfügung des Bundeskartellamtes zu seinen engen wie weiten Bestpreisklauseln endgültig abgewiesen.
Der Hotelverband Deutschland (IHA) hatte mit einer entsprechenden Anzeige im Herbst 2013 das Kartellamtsverfahren gegen Booking.com ausgelöst. Mit einer Abstellungsverfügung vom 22. Dezember 2015 hat das Bundeskartellamt dem Buchungsportal die weitere Verwendung von Best-Preis-Klauseln untersagt – in der weiten und der engen Form.

Eine juristische Überraschung

Dann gab es eine juristische Überraschung, denn die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde von Booking.com hatte am 4. Juni 2019 vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf Erfolg. Erst über eine am 14. Juli 2020 positiv beschiedene Nichtzulassungsbeschwerde konnte das Bundeskartellamt eine Revision des Düsseldorfer Urteils vor dem Bundesgerichtshof durchsetzen. Der Hotelverband Deutschland (IHA) nahm als Beigeladener des Verfahrens sowohl vor dem OLG Düsseldorf als auch vor dem BGH in Karlsruhe an der Verhandlung teil.
QUELLE: AHGZ vom 19.05.2021 

„Mit der heutigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs sehen wir uns in unserer Rechtsauffassung vollumfänglich bestätigt, dass die von Booking.com und anderen Hotelbuchungsportalen vertraglich auferlegten und in der betrieblichen Praxis mal offen, mal subtil eingeforderten, engen und weiten Paritätsklauseln Wettbewerbsbehinderungen darstellen. Wir setzen darauf, dass Booking.com nun die Vorgaben des deutschen und europäischen Kartellrechts endlich respektiert, seinen Geschäftsbetrieb hieran rechtskonform ausrichtet und auch weitere Versuche der wettbewerblichen Knebelung oder Hintergehung seiner Hotelpartner aufgibt“, kommentiert IHA-Hauptgeschäftsführer Markus Luthe.

Der Ausgang der von Booking.com gegen die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes eingereichten Beschwerde ist auch von zahlreichen anderen Wettbewerbsbehörden in Europa mit Spannung erwartet worden. „Wir sind zuversichtlich, dass die BGH-Entscheidung auch für weitere anhängige Kartellverfahren gegen Buchungsportale in Deutschland und in ganz Europa richtungsweisend sein werden. Es dürfte spätestens nach dem heutigen Urteil allen Beteiligten klar sein, dass enge wie weite Meistbegünstigungsklauseln generell aus dem Geschäftsverkehr zu verbannen sind und den Wettbewerb in der immer wichtiger werdenden Online-Distribution nicht länger beschränken dürfen“, ordnet Luthe die internationale Bedeutung des Urteils ein.

 

Endlich mal eine positive Nachricht in dieser schwierigen Zeit für die Hotels und 
Beherbergungsbetriebe.

 

Matthias Drespling

Fachgruppenvorsitzener Hotels und Berherbergung
im DEHOGA Landesverband Schleswig-Holstein